Die Richtlinie über Märkte für Finanzinstrumente (MiFID II)
Die Richtlinie über Märkte für Finanzinstrumente (MiFID II – Richtlinie 2014/65/EU) ist eine Richtlinie der Europäischen Kommission zur Regulierung und Förderung fairer, transparenter, sowie effizienter Finanzmärkte in der EU und zur Verbesserung des Anlegerschutzes. Die Regelungen sollen das Vertrauen in den Finanzsektor stärken und gleichzeitig die Entwicklung gut funktionierender und vernetzter europäischer Kapitalmärkte fördern.
MiFID II sieht unter anderem folgende Maβnahmen vor:
- Geeignetheitsprüfung: Bei der Erbringung von Anlageberatungs- und Portfolioverwaltungsdienstleistungen jeglicher Art müssen Wertpapierfirmen beurteilen, ob eine bestimmte Anlage für ihre Kunden geeignet, ist und zwar auf der Grundlage der Merkmale des Kunden (z.B. Kenntnisse und Erfahrungen, Verlusttragfähigkeit, Anlageziele).
- Erhöhte Transparenz bei Transaktionen: MiFID II verschärft die Anforderungen an „angemessenen Informationen“, die eine Wertpapierfirma ihren Kunden rechtzeitig zur Verfügung stellen muss
Im April 2021 verabschiedete die EU die Delegierte Verordnung (EU) 2021/1253 zur weiteren Stärkung der Nachhaltigkeitsbestrebungen, welche die bestehende MiFID II Eignungsprüfung um „Nachhaltigkeitspräferenzen“ der Kunden erweitert.
Artikel 1 dieser Delegierten Verordnung definiert „Nachhaltigkeitspräferenzen“ als die Entscheidung eines Kunden, in Finanzinstrumente zu investieren, die:
- einen Mindestanteil an nachhaltigen Anlagen im Sinne der EU-Taxonomie-Verordnung (EU-Taxonomie) aufweisen und/oder
- einen Mindestanteil nachhaltiger Anlagen im Sinne von Artikel 2 Nummer 17 der Verordnung über die Offenlegung von Informationen über nachhaltige Finanzprodukte (SFDR) aufweisen; und/oder
- wesentliche negative Auswirkungen (Principal Adverse Impacts, PAI) auf Nachhaltigkeitsfaktoren berücksichtigen.
Im Anschluss an die Änderungen der MiFID II hat die Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (ESMA) die Leitlinien zu den MiFID II-Geeignetheitsanforderungen („Leitlinien zu einigen Aspekten der MiFID II-Anforderungen an die Geeignetheit „, die „Leitlinien“) aktualisiert. Diese bieten Finanzunternehmen, die in den Anwendungsbereich der MiFID II fallen, eine Orientierungshilfe bei der Anwendung bestimmter Aspekte der MiFID II-Geeignetheitsanforderungen. Weitere Informationen finden Sie hier.
Die Geeignetheitsprüfung ist eine der wichtigsten Anlegerschutzanforderungen der MiFID II.
Durch die Einführung von Nachhaltigkeitspräferenzen der Anleger in die bestehende MiFID II Geeignetheitsprüfung, soll das Bewusstsein der Anleger für Finanzprodukte, die Nachhaltigkeitsthemen beinhalten, gestärkt werden.
Darüber hinaus sollen die unter MiFID II fallenden Finanzunternehmen den Vorteil bekommen, für ihre Kunden besser geeignete Finanzprodukte auszuwählen, die deren Nachhaltigkeitspräferenzen berücksichtigen.
MiFID II gilt für Wertpapierfirmen, Marktbetreiber und Unternehmen aus Drittstaaten, die Wertpapierdienstleistungen erbringen oder Anlagetätigkeiten ausüben, indem sie eine Zweigniederlassung in der EU unterhalten. Die Delegierte Verordnung (EU) 2021/1253 gilt insbesondere für Wertpapierfirmen, die Anlageberatungs- und/oder Portfolioverwaltungsdienstleistungen in der EU erbringen.
Um der Delegierten Verordnung (EU) 2021/1253 nachzukommen, sind diese Unternehmen verpflichtet, die Nachhaltigkeitspräferenzen ihrer Kunden bei der Beurteilung der Eignung eines Finanzinstruments zu berücksichtigen. Mit anderen Worten: Wertpapierfirmen müssen ihren MiFID-II-Fragebogen, mit dem sie die Kenntnisse und Erfahrungen ihrer Kunden in Bezug auf Finanzanlageprodukte, ihre finanzielle Situation und ihre Anlageziele bewerten, aktualisieren und Fragen zur Bewertung der Nachhaltigkeitspräferenzen hinzufügen.
Die Delegierte Verordnung 2021/1253 wirkt sich auf Wertpapierfirmen aus, die Anlageberatungs- und/oder Portfolioverwaltungsdienstleistungen in der EU erbringen. Zusätzlich zur traditionellen Eignungsprüfung müssen die betroffenen Unternehmen die Nachhaltigkeitspräferenzen ihrer Kunden in Betracht ziehen.
Die zusätzlichen Anforderungen haben erhebliche Auswirkungen auf die IT-Systeme, internen Prozesse und Verfahren der Unternehmen. Insbesondere müssen Wertpapierfirmen ihren Eignungsfragebogen aktualisieren, um die Nachhaltigkeitspräferenzen ihrer Kunden zu erfassen und zu bewerten. Darüber hinaus müssen sie ihre internen Prozesse anpassen, um die Nachhaltigkeitspräferenzen bei der Auswahl der den Kunden angebotenen Finanzinstrumente, zu berücksichtigen.
Die Einführung von Nachhaltigkeitspräferenzen hat zu folgenden Aktualisierungen der Leitlinien der Europäischen Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (ESMA) geführt:
- Informationen für Kunden über Nachhaltigkeitspräferenzen: Wertpapierfirmen müssen ihre Kunden dabei unterstützen, das Konzept der Nachhaltigkeitspräferenzen zu verstehen und den Unterschied zwischen Produkten mit und ohne Nachhaltigkeitsmerkmalen klar und deutlich, sowie ohne technische Fachsprache, zu verdeutlichen.
- Informationen von Kunden über Nachhaltigkeitspräferenzen einholen: Wertpapierfirmen müssen von ihren Kunden Informationen über ihre Präferenzen in Bezug auf verschiedene Arten von nachhaltigen Anlageprodukten und über den Umfang, in dem sie in diese Produkte investieren möchten, einholen.
- Bewertung der Nachhaltigkeitspräferenzen: Sobald eine Wertpapierfirma anhand von Kenntnissen und Erfahrung, finanzielle Situation und sonstige Anlageziele, eine Reihe geeigneter Produkte für einen Kunden ermittelt hat, muss sie das/die Produkt(e) bestimmen, das/die den Nachhaltigkeitspräferenzen des Kunden entspricht/entsprechen.
- Organisatorische Anforderungen: Wertpapierfirmen sind verpflichtet, ihre Mitarbeiter in Nachhaltigkeitsthemen angemessen zu schulen und geeignete Aufzeichnungen über die Nachhaltigkeitspräferenzen des Kunden (sofern vorhanden) zu führen und diese ggf. zu aktualisieren.
Die ESMA stellt in ihren Leitlinien klar, dass die Nachhaltigkeitspräferenzen eines Kunden nicht dazu führen müssen ein bestimmtes Finanzprodukt nicht an einen Kunden zu vertreiben. Sie sind vielmehr als Empfehlung zu verstehen. Der Kauf oder Verkauf eines Finanzinstruments kann immer noch als angemessen betrachtet werden, wenn die übrigen Kriterien (Kenntnisse und Erfahrung, finanzielle Situation und Anlageziel) erfüllt sind und der Kunde die zugrunde liegenden Präferenzen für eine spezifische Transaktion anpasst.
Die Einführung von Nachhaltigkeitspräferenzen steht in engem Zusammenhang mit der EU-Taxonomie und der Verordnung über die Offenlegung nachhaltiger Finanzprodukte (SFDR). Insbesondere Artikel 1 der Delegierten Verordnung 2021/1253 führt das Konzept der Nachhaltigkeitspräferenzen ein und sieht die Möglichkeit vor, einen Mindestanteil von Investitionen anzugeben, die:
- der EU-Taxonomie entsprechen
- den Anforderungen von Artikel 2 Absatz 17 der SFDR entsprechen
- die PAIs berücksichtigen, die durch die technischen Regulierungsstandards der SFDR eingeführt wurden.
Weitere Informationen finden Sie in den Abschnitten „EU-Taxonomie“ und „SFDR„.
- 3. Januar 2018: Anwendung der MiFID II (Richtlinie 2014/65/EU)
- 2. August 2021: Veröffentlichung des Delegierten Rechtsaktes 2021/1253 zur Einbeziehung von Nachhaltigkeitsaspekten im Amtsblatt der Europäischen Union.
- 2. August 2022: Anwendung des Delegierten Rechtsakts 2021/1253 zur Einbeziehung von Nachhaltigkeitspräferenzen.
- 3. Oktober 2023: Anwendung der aktualisierten ESMA-Leitlinien zur Eignung und Produkt-Governance.
Im Rahmen des EU-Aktionsplans für ein nachhaltiges Finanzwesen, der am 8. März 2018 veröffentlicht wurde, kündigte die Europäische Kommission an, dass Wertpapierfirmen bei der Erbringung von Finanzberatungs- und Portfolioverwaltungsdienstleistungen Nachhaltigkeitsfaktoren als Teil ihrer Pflichten gegenüber Kunden und potenziellen Kunden berücksichtigen sollten.
- 21. April 2021: Annahme des delegierten Rechtsaktes 2021/1253.
- 02. August 2021: Veröffentlichung des Delegierten Rechtsakts 2021/1253 im Amtsblatt der Europäischen Union.
- 22. August 2021: Inkrafttreten des Delegierten Rechtsakts 2021/1253.
- 2. August 2022: Anwendung des Delegierten Rechtsakts 2021/1253.
- 3. Oktober 2023: Anwendung der aktualisierten ESMA-Leitlinien zur Eignung und Produkt-Governance.
- 3. Oktober 2023: Die ESMA kündigte an, dass sie im Jahr 2024 eine gemeinsame Aufsichtsmaßnahme („CSA“) mit den zuständigen nationalen Behörden („NCAs“) zur Integration von Nachhaltigkeit in die Prozesse und Verfahren der MiFID 2-Eignungsbewertung und Produkt-Governance von Kreditinstituten und Wertpapierfirmen starten wird.
Derzeit gibt es keine offenen oder laufenden Konsultationsverfahren.
- MiFID II – Richtlinie 2014/65/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Mai 2014 über Märkte für Finanzinstrumente
- Delegierte Verordnung (EU) 2021/1253 der Kommission vom 21. April 2021 zur Änderung der Delegierten Verordnung (EU) 2017/565 im Hinblick auf die Einbeziehung von Nachhaltigkeitsfaktoren, -risiken und -präferenzen in bestimmte organisatorische Anforderungen und Bedingungen für die Ausübung der Tätigkeit von Wertpapierfirmen
- ESMA Abschlussbericht “Leitlinien zu einigen Aspekten der MiFID II-Anforderungen an die Geeignetheit”
- ESMA final report “Guidelines on certain aspects of the MiFID II suitability requirements”
- ESMA final report “Guidelines on MiFID II product governance requirements”
- CSSF communicates on ESMA’s announced launch of CSA on MiFID 2 sustainability requirements